Kanzlei oder Inhouse: wie die Jurist:innen ticken

„Kanzlei contra Inhouse? Wir stehen doch nicht in Konkurrenz zueinander!“ Sagte letztens Martin Stadlmann anlässlich meines LinkedIn-Beitrags iS Unternehmensjurist:innen zu mir.

Wir hatten uns schon mal über das Thema unterhalten. Damals ging es um die Frage, ob Inhouse-Counsels Jurist:innen „zweiter Klasse“ sind. Was er vehement verneinte. Vehement in Großbuchstaben!

Er muss es wissen: Nach über einem Jahrzehnt als Unternehmensjurist bei einem österreichischen Konzern wechselte er auf die Kanzleiseite.

Unternehmensjurist:innen arbeiten praxisbezogen, beraten auch in wirtschaftlichen Fragestellungen und identifizieren sich hundertprozentig mit den Interessen des Unternehmens,“ so Martin Stadlmann.

Diese Nähe zur Unternehmensleitung bedeutet jedoch auch, dass sie in heiklen Fällen unter großem Druck stehen.

Im Gegensatz dazu können externe Anwält:innen rechtliche Fragenstellungen mit einer gewissen Distanz analysieren. Diese ermöglicht es ihnen, Herausforderungen differenziert und umfassend anzugehen.

„Ich kann als Anwalt ohne den Druck arbeiten, unter dem Unternehmensjurist:innen stehen,“ bringt er den Unterschied aus seiner Sicht auf den Punkt.

Und: Anwält:innen bieten eine Außenperspektive und unterstützen damit Unternehmen bei besonders schwierigen Entscheidungen.

„Eine gute Rechtsabteilung holt sich die Unterstützung einer RA-Kanzlei, wenn eine Angelegenheit besonders diffizil und damit haftungsträchtig ist.“, meint Martin Stadlmann.

Insbesondere wenn kurzfristig rechtliche Spezialexpertise gefragt ist, die intern nicht abgedeckt wird. Gerade in großen Unternehmen wird daher oft mit mehreren Kanzleien zusammengearbeitet.

Fazit: Kein Duell, sondern ein Teamwork!

Unternehmensjurist:in vs Anwalt: Stärken auf einen Blick

Erfolgsfaktoren von Unternehmensjurist:innen

  • Praxisbezogene Arbeit: Unternehmensjurist:innen sind tief in die Abläufe und Ziele des Unternehmens eingebunden.
  • Wirtschaftliche Beratung: Sie bieten nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche Beratung und unterstützen damit die Geschäftsstrategie.
  • Identifikation mit Unternehmenszielen: Eine starke Identifikation mit dem Unternehmen ermöglicht es ihnen, maßgeschneiderte Lösungen anzubieten.

Erfolgsfaktoren von Anwält:innen

  • Analytische Distanz: Anwält:innen können rechtliche Fragestellungen objektiver und ohne internen Druck analysieren.
  • Spezialisierte Expertise: Sie bringen spezialisiertes Wissen ein, das manchmal intern nicht vorhanden ist.
  • Unterstützung bei heiklen Entscheidungen: Ihre externe Sichtweise ist besonders wertvoll bei komplexen oder kritischen Rechtsfragen.

Erfolgreich kooperieren

Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen internen Rechtsabteilungen und externen Kanzleien ist für den Erfolg und die Stabilität von Unternehmen ideal.

  • Komplementäre Rollen: Unternehmensjurist:innen und Anwält:innen ergänzen sich in Idealfall, um eine umfassende rechtliche Betreuung zu gewährleisten.
  • Kurzfristige Spezialexpertise: Externe Kanzleien werden oft für spezialisierte oder dringende Angelegenheiten hinzugezogen.
  • Zusammenarbeit in großen Unternehmen: Große Unternehmen profitieren von der Zusammenarbeit mit mehreren Kanzleien, um unterschiedliche rechtliche Herausforderungen zu meistern.

Dr. Martin Stadlmann war zunächst Uni-Assistent, dann über ein Jahrzehnt als Unternehmensjurist bei einem österreichischen Konzern tätig bevor er auf die Kanzleiseite wechselte. 2012 gründete er mit Wilhelm Milchrahm die Wirtschaftsboutique MS Legal | Milchrahm Stadlmann Rechtsanwälte.

Der Ordnung halber: MS Legal ist mein Auftraggeber.

Lesetipps

Verpassen Sie nicht die spannenden Kommentare unter folgenden LinkedIn-Beiträgen zum Thema: